Tellerränder und Bildränder

Einen Blick über den Tellerrand zu werfen kann selten schaden. Man gewinnt neue Eindrücke und relativiert eigene, ofmals festgefahrene Sichtweisen; insbesondere Fotografen sollte die erfrischende Wirkung des Perspektivwechsels stets bewusst sein. Auf der Suche nach Inspirationen für die Hochzeitsfotografie empfehle ich hierfür immer wieder einen Blick nicht nur über den Tellerrand, sondern gleich über den grossen Teich. In den USA setzt sich zunehmend der PJ-Style in der Hochzeitsreportage durch und das ist auch gut so – eigentlich ist nämlich PJ, also Photo Journalism synonym zu Reportage, ein Umstand, der anscheinend in Deutschland in Vergessenheit geraten ist. Weitab vom gestellten Kitsch in schwülstigen Farben, den wir alle aus den Schaufenstern der lokalen Fotostudios kennen, bewegen sich Fotografen vom Kaliber eines Huy Nguyen , Brooks Wittington sowie Jeff Ascough. Der Mut zum Risiko, den die Arbeit mit Unschärfe, grosser Blende und ungewöhnlichen Perspektiven erfordert, wird durch vielfach aussergewöhnliche Bilder belohnt. Es erfordert schon sehr viel Selbstbewusstsein, eine Hochzeitsreportage mit einer Holga Kamera durchzuführen, wie bei Karen Hill zu besichtigen ist (gut zu sehen, an den so typischen Abschattungen an den Bildrändern).
Und – vielleicht nicht nur das entsprechende Selbstbewusstsein, sondern auch die Klientel, die diese Ergebnisse zu würdigen weiss. Entsprechend mutig ist dann auch die Preisgestaltung für solche Reportagen: Karen Hill berechnet $7.000 bis $12.000 für ihre Arbeit, wobei ein kleines Pluszeichen hinter den Preisen darauf aufmerksam macht, dass sich hierbei um „Rohpreise“ handelt. Sicherlich eine Ausnahme, dennoch kann nach einem Blick auf wpja.com konstatiert werden, dass man in den USA anscheinend eher bereit ist, die Arbeit des Fotografen finanziell entsprechend zu entlohnen, als es in hiesigen Gefilden der Fall ist …

Gerüchteküche

Sony und Nikon sind vorgeprescht, nun scheint auch Canon mit einer 10MP DSLR-Kamera im unteren Preissegment nachzuziehen. Falls sich die Gerüchte bestätigen sollten, so verfügt die neue EOS 400D, ebenso wie die Sony A100, über eine Technik, die sich des leidlichen Staubproblems annimmt. Das stimmt froh, da zum einen die Reinigung eines verschmutzten Sensors eine recht zeitintensive Prozedur darstellt, zum anderen eventuelle Beschädigungen nicht durch die Garantie abgedeckt sind. Es ist zu hoffen, dass sich diese Technik auch bei anderen Modellen und anderen Firmen durchsetzten wird.
Apropos hoffen : anstatt jedes Jahr ein paar Megapixel mehr in die aktuellen Kameras zu stopfen, wünschte ich mir lieber einen erweiterten Dynamikumfang sowie eine 16Bit Auflösung. Letztere ist im Kleinbildbereich bis dato leider nur bei Leicas DMR zu finden. Es mag stimmen, dass solche Features schlechter zu vermarkten sind, dass sich der normale Kunde all zu leicht durch die schiere Megapixelzahl blenden lässt – im täglichen Gebrauch allerdings stören ausgefressene Lichter, brüchige Übergänge zu überstrahlten Bildbereichen und unschöne Farbübergänge doch sehr viel mehr. Auch wenn man es nur schwer zugeben mag, aber hier hat analog immer noch die Nase vorn …

Oberklasse

Eine interessante Gegenüberstellung zweier Digital-Rückteile der Oberklasse ist hier nachzulesen, geschrieben aus der Sicht eines Praktikers. Verglichen werden die aktuellen Spitzenmodelle der Firmen Leaf (Aptus 75) sowie Phase One (P 45), beides Modelle jenseits der 30 Megapixel-Klasse. Interessant hierbei ist, dass der Unterschied zwischen 33 (Leaf) und 39 (Phase One) sich im Bild so gut wie gar nicht erkennen lässt. Der Markt in diesem Bereich ist nach wie vor hart umkämpft, sind doch viele seriöse Landschaftsfotografen, die nach wie vor mit Grossformat wie 4×5 fotografieren, an einer praktikableren (hier zuvorderst: leichteren) Lösung für professionelle Produktionen interessiert.

Photokina 2006

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Knapp fünf Wochen noch, dann ist es so weit: am 26. September öffnet die Photokina 2006 in Köln ihre Tore. In diesem Jahr wird es wahrscheinlich wieder einen neuen Besucherrekord geben, vorraussichtlich werden sich 160.000 Gäste an den Ständen der mehr als 1.600 Aussteller über Produkte der Fotobranche informieren können. Ich selber werden ebenfalls vor Ort sein und meine Eindrücke dann auch hier niederschreiben. Von Nikon wird es vorraussichtlich keine neuen Produkte im Profi/Semiprofi-Bereich geben, die D80 ist ja erst vor wenigen Tagen vorgestellt worden. Aber vielleicht werden wir ja noch durch das ein oder andere interessante Objektiv überrascht… . Sicher werden viele Gäste die Chance nutzen, die D80 einmal in real life zu begutachten, ist es doch nach wie vor schwer, dieses Modell im Fachhandel zu sichten. Leider bleibt sich hier Nikon auf unrühmliche Weise treu; vom Zeitpunkt der Vorstellung bis zur tatsächlichen Auslieferung in nicht mehr homöopathischen Mengen vergeht sehr, sehr viel Zeit. Selbst treueste Nikon Benutzer wie Ken Rockwell sind darüber inzwischen recht erbost, wie man hier nachlesen kann. Auf der anderen Seite wird es spannend, was Konkurrent Canon anzubieten hat. Es wird von den Auguren (oder solchen, die sich dafür halten) ein Nachfolger der 1ds MK II mit 22MP erwartet; bis dato hat Canon immer die Photokina für die Vorstellung ihrer High-End Kameras genutzt. Im Consumer-Bereich wird ebenfalls ein Wachwechsel erwartet, die 350D wird wohl nicht mehr lange die Einstiegskamera im unteren Preissegment bleiben. Der Informationensfluss aus den üblichen Gerüchteküchen rinnt bis dato allerdings recht spärlich.
Am interessantesten auf der Photokina wird allerdings nicht der Besuch bei den grossen Kamerafirmen sein. Deren Produkte sind zumeist überall zu besichtigen und durch ausreichend Produktinformation, Testberichten, Praxistests und Werbung in den Medien präsent. Viel interessanter sind die kleinen Firmen, deren Budgets meistens nicht für grosse Medienpräsenz ausreichen. Wo bekommt man schon die Möglichkeit, verschiedenste Blitzhersteller mitsamt ihrer Blitzköpfe, Generatoren sowie Lichtformer zu sehen? Und gerade bei Lichtformern macht der „haptische“ Eindruck eine ganze Menge aus – jeder, der sich beim Zusammenbauen einer grossen Softbox schon geärgert hat (Stichwort Walimex), wird dies bestätigen können.

Fotografie 2006

Ja, es stimmt. Bremen ist, zumindest unter kulturellen Aspekten betrachtet, tiefste Provinz. Ausser einem Strohfeuer am Goethe-Theater Ende der 60er Jahre, das zumindest kurzfristig das Interesses des Feuilletons auf den Stadtstaat im Norden lenkte, gab und gibt es hier wenig zu sehen. Um so respektabler wirken deshalb Projekte, die diesen Umstand zumindest abmildern zu versuchen. Sie finden ihren Platz eher in den Nischen abseits des „grossen“ Kulturbetriebes und sind, frei von grossen Erwartungshaltungen, mit diesem Konzept in letzter Zeit recht erfolgreich. Eine dieser umtriebigen Institutionen ist das Design Zentrum Bremen, zu finden im Wilhelm-Wagenfeld-Haus, einem klassizistischen Bau, der sich schräg gegenüber vom schon erwähnten Goethe-Theater befindet. Erwähnenswert für diesen blog ist das insofern, als dass sich dort zur Zeit eine Ausstellung besichtigen lässt, die für Fotografen nicht uninteressant erscheint. Die Gruppe „Nordaufnahme“, eine lose Verbindung von cirka siebzig zumeist professionellen Lichtbildnern aus dem norddeutschen Raum, stellt dort bis zum 24.09.2006 ihre Werke aus. Der konzeptionelle Rahmen dieser Werkschau wird nicht durch Thema oder Motiv gebildet, sondern durch den regionalen Bezug der Fotografen.

Bühne frei

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Mit der heutigen Präsentation der neuen Nikon-DSLR hat zumindest das Spekulieren über technische Daten und Namensgebung in den einschlägigen Fotoforen ein Ende gefunden. D80 hat Nikon das neue Mitglied in der semiprofessionellen Liga getauft. Sie stellt sich als Nachfolgerin der D70/D70s dar und kann zumindest was die Daten angeht überzeugen: 10.2 MP, 11 Autofokuspunkte, ISO 100 – 3200, 2,5 Zoll Display, grösseres und helleres Sucherbild. Für diejenigen, die auf ein Upgrade von einem der älteren Modelle auf die D80 schielen, gibt es eigentlich nur zwei Aspekte, die Magenschmerzen verursachen könnten. Da wäre zum einen der neue, komplett elektronische Verschluss, der nur noch die maximale Verschlusszeit von 1/4000tel zulässt und auch die Blitzsynchronisationszeit auf 1/200tel reduziert. Zum anderen wechselt Nikon von CF-Karten auf das SD-Format als Speichermedium.
Der Listenpreis wird mit 970.- Euro angegeben, Verfügbarkeit ab September.

Weitere Informationen sind in gewohnter Ausführlichkeit hier zu finden.

Power

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Gestern um 19:00 Ortszeit war es mal wieder so weit – die gespannte Mac-Gemeinde harrte der Dinge, die Steve Jobs anlässlich der WWDC 06 ankündigen würde. Nicht ganz unerwartet wurde der Wechsel von PPC auf Intel gestern mit der Präsentation von Mac Pro und Xserve abgeschlossen. Und der neue Mac Pro hat es im wahrsten Sinne in sich – am (bewährten) Gehäuse wurden nur einige Details geändert. Allein die rohen Daten lassen auf schiere Rechenkraft schliessen: 2 Xeon Woodcrest 5100 (Dual Core) Prozessoren mit bis zu 3Ghz Taktung, 4MB Level-2-Cache, bis zu 2 Terrabyte interner FP-Speicher sowie bis zu 16GB RAM. Das dürfte auch für anspruchsvolle Bildbearbeitung mit grossen RAW Dateien über 16MPixel für das erste ausreichend sein. Dieser Rechner wird wohl sehr schnell in den Studios derjenigen zu finden sein, die mit Mittelformat oder gar Grossformat-Rückteilen arbeiten und erhebliche Datenmengen bearbeiten müssen. Für die gebotene Leistung erscheint selbst die Grundkonfiguration mit 2 Dual Core 2.66GHZ, 1GByte RAM sowie 500er Festplatte mit 2449.- EUR Listenpreis noch günstig, handelt es sich hier doch um ausgewachsene Workstation-Prozessoren. Und im Verhältniss zu den Kosten eines Mittelformat Digi-Backs erscheinen die Kosten für einen solchen Rechner dann doch eher gering. Allerdings klafft nun zwischen dem Mac Pro und dem iMac bzw. Mac Mini eine sehr grosse Lücke. Gerade hier wäre eine Zwischenlösung ideal für Benutzer von Digitalkameras zwischen 8MP und 16MP, die zwar nicht in solchen Boliden wie den Mac Pro investieren wollen, andererseits aber nicht auf einen (relativ) zukunfssicheren Rechner mit ansprechendem workflow verzichten wollen. Aber vielleicht schiebt der Hersteller aus Cupertino ja in der Zukunft eine Lösung in diese Lücke …

Nicht zu vergessen: Mac OS 10.5 wurde am gestrigen Abend angekündigt. Neben den vielen kleinen Verbesserungen in mail, iCal, Adessbuch etc. erhoffe ich als Bildbearbeiter und Bildbetrachter natürlich, dass Apple das CM für Safari wieder auf sRGB für Bilder ohne anhängiges ICC-Profil setzt. Mit Safari, dem bis dato einzigen Browser, der mit Farbprofilen umgehen kann, wäre es zumindest möglich . Meine Hoffnungen, dass der Internet Explorer in der Windows-Welt dies mal irgendwann schafft, werde ich wohl auf Vista verschieben müssen. Zumindest hat Microsoft angekündigt, sich dieses für Fotografen doch recht sensiblen Themas anzunehmen.

Hochtourig

Die Vorbereitungen auf das nächste grössere Fotoshooting laufen auf Hochtouren. Auch wenn es wahrlich nicht das erste mal ist, dass ich solche Planungen in Angriff nehme: ein wenig Kribbeln stellt sich immer in den letzten Wochen vor dem Termin ein. Und das ist auch gut so. Trotz aller Routine, die man im Laufe der Jahre entwickelt, benötige ich dieses leichte Lampenfieber, so arbeite ich am besten.

Immer wieder aufs neue erstaunlich ist der Aufwand, der hinter einem solchen Shooting steckt (und den kaum ein Aussenstehender wahrnimmt). Von der Idee bis zur Suche einer geeigneten location, die Auswahl der passenden Modelle, das Styling, die Technik, die tausend kleinen Details, die beachtet werden müssen (und im nachhinein hat man immer etwas vergessen), die Koordination … da kommt einiges an Arbeitsstunden, Mails, Telefonaten und Besprechungen zusammen.

Am 19. August wird es wieder einmal soweit sein, Shooting in einer wunderschönen alten Wassermühle. Ich freue mich jetzt schon auf die Ergebnisse und die Erfahrungen, wovon ich hier an dieser Stelle natürlich berichten werde.