Tellerränder und Bildränder

Einen Blick über den Tellerrand zu werfen kann selten schaden. Man gewinnt neue Eindrücke und relativiert eigene, ofmals festgefahrene Sichtweisen; insbesondere Fotografen sollte die erfrischende Wirkung des Perspektivwechsels stets bewusst sein. Auf der Suche nach Inspirationen für die Hochzeitsfotografie empfehle ich hierfür immer wieder einen Blick nicht nur über den Tellerrand, sondern gleich über den grossen Teich. In den USA setzt sich zunehmend der PJ-Style in der Hochzeitsreportage durch und das ist auch gut so – eigentlich ist nämlich PJ, also Photo Journalism synonym zu Reportage, ein Umstand, der anscheinend in Deutschland in Vergessenheit geraten ist. Weitab vom gestellten Kitsch in schwülstigen Farben, den wir alle aus den Schaufenstern der lokalen Fotostudios kennen, bewegen sich Fotografen vom Kaliber eines Huy Nguyen , Brooks Wittington sowie Jeff Ascough. Der Mut zum Risiko, den die Arbeit mit Unschärfe, grosser Blende und ungewöhnlichen Perspektiven erfordert, wird durch vielfach aussergewöhnliche Bilder belohnt. Es erfordert schon sehr viel Selbstbewusstsein, eine Hochzeitsreportage mit einer Holga Kamera durchzuführen, wie bei Karen Hill zu besichtigen ist (gut zu sehen, an den so typischen Abschattungen an den Bildrändern).
Und – vielleicht nicht nur das entsprechende Selbstbewusstsein, sondern auch die Klientel, die diese Ergebnisse zu würdigen weiss. Entsprechend mutig ist dann auch die Preisgestaltung für solche Reportagen: Karen Hill berechnet $7.000 bis $12.000 für ihre Arbeit, wobei ein kleines Pluszeichen hinter den Preisen darauf aufmerksam macht, dass sich hierbei um „Rohpreise“ handelt. Sicherlich eine Ausnahme, dennoch kann nach einem Blick auf wpja.com konstatiert werden, dass man in den USA anscheinend eher bereit ist, die Arbeit des Fotografen finanziell entsprechend zu entlohnen, als es in hiesigen Gefilden der Fall ist …

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